Patient Schule

Patient Schule

Warum Pandemie, Digitalisierung und Personalmangel zu chronischen Erkrankungen in unseren Schulen werden

Donnerstagmorgen, erster Tag nach den Herbstferien in einem 10.000 Seelen Ort mitten in Westfalen. 57 I-dözchen lassen mit geputzten Schuhen, nagelneuen ergonomisch geformten Schulranzen und Mund-Nasen-Schutz auf dem Schulhof ihrer Energie freien Lauf. Eine Stunde zuvor wurden sie offiziell von der stellvertretenden Schulleiterin der Grundschule begrüßt. Nicht gerade festlich, aber die junge Lehrerin war sehr bemüht den Corona-Regeln zum Trotz, etwas Stimmung aufkommen zu lassen. Die eigentliche Rektorenstelle ist seit drei Jahren unbesetzt und damit auch die Führungsstelle des Kollegiums.

Nach wochenlangem Wechselunterricht könnte der Schulalltag für viele Familie ein Zurück zur Normalität sein. Doch was ist schon normal in der deutschen Schullandschaft, wenn der Stundenausfall zur Regel geworden ist? Insbesondere der Lehrermangel macht vielen Schulen schwer zu schaffen. Und das hat Gründe, die für die Schulpolitiker in vielen Ländern abzusehen waren: Während in Sachsen-Anhalt im Schuljahr 2019/2020 rund 65,4 Prozent aller Lehrkräfte älter als 50 Jahren waren, sind es in Baden-Württemberg nur 31 Prozent. Die einen haben den Generationenwechsel bisher verpennt, die anderen bereits abgeschlossen.

Mit der Frage des Alters der LehrerInnen fällt oftmals auch der Stand der Digitalisierung. 150 Mrd. Euro sind allein 2019 in die Bildungsinfrastruktur in Deutschland geflossen. An Geld hapert es nicht an erster Stelle. So wird nicht nur in Steine für neue Gebäude, den Ganztagesausbau und neue Mensen investiert. Auch Whiteboards, digitale Tafeln, Computer und Tablets wurden vielerorts angeschafft. Doch die Anwendung der neuen Technik ist vor allem für manchen NutzerIn noch Neuland. Denn viele LehrerInnen sind durch den täglich neuen Schul-Alltag einfach überlastet. Unterbesetzung, Bürokratie, neue digitale Unterrichtsformen, und nicht zu vergessen das Lüften. Da kann man schon mal den Überblick verlieren.

Eigentlich eine gute Situation für PolitikerInnen im Wahlkampf, mit einem neuen Bildungsfahrplan für Deutschland zu punkten. Mehr Bildung, bessere Bildung, gleiche Bildungschancen, alles Forderungen die wir aus den vergangenen Jahren kennen. Doch der Wahlkampf 2021 bleibt auch an dieser Stelle im luftleeren Raum. Vielleicht ist es mal wieder Zeit zum Lüften.